Heute gibt es was zu feiern

Vor 125 Jahren wurde Herbert Alexander Kraack in St. Petersburg geboren (21. November 1896).

Wie aber begehen wir diesen besonderen Tag? Wie feiern wir diesen hohen Geburtstag unseres Grossvaters, den wir nie kennen lernen konnten? Wie soll das gehen?

An dieser Stelle werde ich mal persönlicher.
Vor Jahren hatte mir meine Tante Marlyse Olga erzählt, der Lieblingskuchen ihres Vaters Herbert sei ein Walnusskuchen gewesen. Zum Geburtstag hätte er jeweils seinen Lieblingskuchen bekommen.
Im Luchsinger-Nachlass ist bisher das Rezept für diesen Kuchen nicht aufgetaucht. Im Baltischen Kochbuch ist auch kein Rezept zu finden. So fand ich in einem anderen Rezeptbuch die geeigneten Angaben, um einen Walnusskuchen zu backen. Und wie ich so vor mich hinarbeite, abmesse, Nüsse reibe, mische, kreisen die Gedanken im Kopf. Noch nie im Leben habe ich für meinen Grossvater gebacken. Auch nie gekocht. Er war über zwanzig Jahre vor meiner Geburt verstorben und ich hatte nie das Glück, ihm zu begegnen. Ich kenne meinen Grossvater aus Erzählungen, welche ich hie und da in meiner Familie gehört hatte. Immer war sehr liebevoll von ihm gesprochen worden.
Die Zutaten rührend, entstand allmählich der Teig, den ich in die Form giessen, in den Backofen schieben und nach genügend Backzeit als Kuchen wieder herausziehen konnte.
Hübsch dekoriert, ein Lebenslicht daneben gestellt, mit vielen liebevollen Gedanken an meinen Grossvater, halte ich inne und bin dankbar, dass ich wenigstens das für meinen Grossvater tun kann. Einen besonderen Kuchen zu seinem Wiegenfeste backen. Er würde sich bestimmt über dieses Geschenk freuen.

Der Walnusskuchen für Papo (wie er von seinen Kindern, seiner Frau Sigrid und der Familie genannt wird und wurde), ein Väschen ‚Lomonossow‘ in Tallinn gekauft mit Blumen aus dem Garten, ein Schälchen von Herberts Tochter und Holzfigürchen aus der alten Heimat.
Foto: ©Gabriela Dömötör

Johann Jakob Philipp Luchsinger

Heute vor 150 Jahren verstarb in Dorpat (heute: Tartu, Estland) Johann Jakob Philipp Luchsinger in seinem 74. Lebensjahr

Johann Jakob Philipp kam am 6. (25.) Juli 1798 in Riga (damals: Livland) als ältestes von acht Kindern zur Welt. Sein Vater war aus Schwanden (Kanton Glarus, Schweiz) nach Riga ausgewandert.
Die Mutter war 1811 und der Vater 1813 verstorben. Nach dem Tod des Vaters wurden die Kinder unter Vormundschaft gestellt. Johann Jakob Philipp erlernte in der Konditorei Caviezel in Riga den Beruf des Konditors und bildete sich im Ausland weiter.

Von Riga zog Johann Jakob Philipp weiter nach Fellin (heute: Viljandi, Estland). Dort kaufte Luchsinger im Frühjahr 1822 gemeinsam mit dem Konditor Christian Wieland das Haus des Stadtphysicus. Gemeinsam betrieben sie ihre eigene Konditorei. Wieland stammte aus Graubünden (Schweiz) und war vierzehn Jahre älter als Luchsinger. In Fellin heiratete Johann Jakob Philipp am 7. März 1830 Amalie Christine Gradhand (23.3.1803 – 5.1.1879).

Die fünf gemeinsamen Kinder kamen alle ab August 1830 in Dorpat zur Welt.
An verschiedenen Standorten führten Johann Jakob Philipp, später sein Sohn Robert Albin Woldemar und sein Enkel Wilhelm Johann die Luchsinger’sche Conditorei. Die ganze Familie arbeitete im Betrieb mit.

Johann Jakob Philipp war Konditor und Kaufmann, Ältermann der 1. Gilde in Dorpat und erblicher Ehrenbürger. In Petrograd (heute: St. Petersburg, Russland) hatte er sich naturalisieren lassen, ohne das frühere Gemeinde-, Kantons- und Schweizerbürgerrecht aufzugeben.
Am 22. Oktober 1871 verstarb Johann Jakob Philipp Luchsinger in Dorpat, also genau vor 150 Jahren.

Die Luchsinger’sche Conditorei spielte in Dorpat eine wichtige Rolle. In alten estnischen Erzählungen, in Archiven, in schriftlichen Aufzeichnungen finden sich bis heute Spuren dieser Geschichte.

Katharina Henriette Luchsinger, geborene von Husen

Heute vor 125 Jahren verstarb in Dorpat (heute: Tartu) Katharina Henriette Luchsinger.

Katharina (auch: Catharina) Henriette kam am 3. Oktober 1839 in Reval zur Welt. Ihre Eltern hiessen Friedrich Wilhelm von Husen (29.12.1810 – 16.3.1866) und Katharina Gary (10.4.1812 in St. Petersburg – 2.11.1864).
Am 28. August 1862 heiratete Katharina Henriette in Reval (heute: Tallinn) den Konditor und Weinhändler Robert Albin Woldemar Luchsinger. Das Paar zog noch Dorpat, wo Robert die Luchsinger’sche Konditorei führte und die Familie entstand. Katharina und Robert waren die Eltern von:
Amalie (genannt Mali, *1863)
Louise (genannt Lisi, *1864)
Wilhelm Johann (genannt Willi, *1866)
Oskar (genannt Ossi, *1868)
Ella Helene (1870)
Axel (1874)
Olga (genannt Olli, 1871)
Harry Carl (1877) und
Alma Bertha (*1881).
Die zwei Geschwister Oskar und Olga (‚Ossi‘ und ‚Olli‘) starben im Kleinkindalter.
Zuerst lebte die Familie in der Johannisstrasse im Hause Firstoff, danach neben der Universität Tartu in der Jakobstrasse im Hause des Klavierbauers Wenzel.
Da Katharina tagsüber im Geschäft ihres Mannes arbeitete, führte ihre Schwester, Marie Timm den Haushalt. Marie war Witwe und kümmerte sich um die sieben Kinder, die Gesellen, Lehrlinge und Knechte. Zudem hatte die Familie auch eine Kindermagd.
Harry beschreibt seine Mutter als einen stillen, sanften, etwas schüchternen Menschen.
Im Hause Luchsinger gab es viele fröhliche Feste wie Tanzabende, Geburtstage, Sylvesterabende.

Kurz vor Weihnachten 1885 starb Robert Albin Woldemar Luchsinger 53-jährig und liess Katharina mit ihren Kindern und der Konditorei zurück.
Die Kinder hatten in der Konditorei mitgearbeitet. Willi lernte in Riga Konditor und trat nach dem Tod seines Vaters als Vertreter der dritten Generation ins Konditoreigeschäft ein.

Katharina Henriette starb am 28. Juli 1896 nach kurzer Krankheit – einer Lungenentzündung – in ihrem 57. Lebensjahr. Ihre Kinder waren dann zwischen 15 und 33 Jahre alt.

Katharina Henriettes Stief-Grossmutter war Charlotte von Husen, geborene von Wehren. Sie war das einzige weibliche Mitglied der grossen Gilde zu Reval. Als sie 1889 starb und am 1. Juli 1889 bestattet wurde, erschien in der Revaler Zeitung ein Nachruf.

Herbert Alexander Kraack

Heute vor 76 Jahren verstarb Herbert Alexander Kraack.

Foto: ©Luchsinger Familienarchiv

Er war in Schwerin in amerikanische Gefangenschaft und später nach Holstein in englische Gefangenschaft geraten. Am 18. Juni 1945 starb er um 18 Uhr an den Folgen eines Herzschlages. Er war im Garten spazieren gegangen und wurde kurz nach seinem Tod zwischen schönen Blumen liegend gefunden. Seine Beerdigung fand auf dem Friedhof Schönberg/Holstein statt am 20. Juni um 16 Uhr.
Das Grab besteht bis heute.

Foto: ©Peter Dömötör, Luchsinger Familienarchiv

In einem seiner vielen Briefe an sein geliebtes ‘Sigulchen’ schreibt Herbert am 31. Mai 1945:
Mir geht es in der anfänglich amerikanischen jetzt englischen Gefangenschaft gut, befinde mich auf dem Lande bei Kiel …

Lebenslauf

Herbert Alexander Kraack wurde am 21. November 1896 (3.12.1896) in St. Petersburg als zweites von fünf Kindern in die Familie von Friedrich Wilhelm Arthur Kraack und Olga Ignatius geboren. Seine Geschwister sind Wilfried Ernst, Erwin Arthur, Ilse Alma Ida und Sigrid Emmy Olga.

Das Elternhaus

Die Eltern waren Deutsche und stammten aus Narva/Estland. Herberts Vater war Chemiker. Er hatte an der Universität Dorpat Chemie studiert und mit cand. chem. abgeschlossen. Ab 1.1.1886 arbeitete er 32 Jahre lang als Chemiker in St. Petersburg in der Gummifabrik „Treugolnik“, einer Gründung von Hamburger Grosskaufleuten.
Die Eltern reisten viel und weit, so z. B. an die Weltausstellungen nach Paris und London, fuhren zur Kur. Ungefähr 1902 reisten die drei Brüder mit ihrer Mutter und einer Tante in die Schweiz an den Vierwaldstättersee.
Die Sommer verbrachte die Familie in ihrem Haus in Hungerburg am Meer. Die Familien Kraack und Luchsinger waren befreundet.

Russische Revolution und Bildung

Während der russischen Revolution schickten die Eltern 1905 ihre Kinder nach Narva. Herbert, Ilse und Erwin lebten bei der Grossmutter Ignatius. Nach Ende der russischen Revolution folgte die Rückkehr aus Narva nach St. Petersburg.
Herbert besuchte eine private Vorbereitungsschule, 1907 die Prima in der Schule der Reformierten Gemeinden, später die Realabteilung und 1913 die kaufmännische Abteilung/Kommerzabteilung.
Sein jüngerer Bruder Erwin beschreibt Herbert als eher ein pummeliges Kind. Als Jugendlicher wurde Herbert 1913 schlank und blieb es bis zu seinem Tod 1945.
Nach dem Schulabschluss ging Herbert nach Kardis (heute: Kärde im estnischen Kreis Jõgeva) und war bei einem Dänen Landwirtschaftseleve.
1916 absolvierte er die Pawlowsker Militärschule (1916) und war Hauptmann. Er hatte am 11.11.1919 den Orden der heiligen Anna, 3. Kunst. mit Schwertern und Bogen verliehen bekommen.

Berufsleben, Familie und Umsiedlung

Herbert Kraack war Inhaber der Handelsfirma H. Kraack & Co und Vertreter von Continents in Reval. Die Firma hatte eine Zweigstelle in Helsingfors/Finnland.
1930 lernte Herbert seine zukünftige Frau Sigrid Luchsinger kennen. Sie heirateten am 26. Dezember 1933 in der Nikolai-Kirche in Reval.
Am 15. Dezember 1934 wurde in Reval das erste Kind von Herbert und Sigrid geboren: Horst Joachim († 25.12.1995). Die erste Tochter kam am 7. Juli 1937 ebenfalls in Reval zur Welt: Marlyse Olga († 2.11.2010). 1939 musste die Familie Estland verlassen und am 24. Juli 1941 erblickte Ursula in Posen (heute Polen) das Licht der Welt († 10.1.2017)
Herbert wurde ins Militär einberufen und war in Berlin stationiert. Sigrid und die Kinder fuhren mit dem letzten Zug aus Posen nach Berlin. Am 8. Februar 1945 sahen Herbert und seine Familie einander ein letztes Mal. Sigrid, die Kinder und Sigrids Eltern zogen weiter nach Ballenstedt (im Harz) und kamen bei einem Verwandten unter, der dort Leiter eines Sanatoriums war. Die Kinder gingen in Ballenstedt in den Kindergarten und in die Schule.

Sterben in Gefangenschaft, fern der Familie

Sigrid erhält datiert vom 19. August 1945 vom Deutschen Roten Kreuz die Mitteilung über den Tod von ihrem geliebten Herbert. Verstorben war er am 18. Juni, also zwei Monate zuvor.
Datiert vom 5. November 1949 erhielt Sigrid eine Auflistung der persönlichen Gegenstände welche ihr danach per Post zugestellt wurden.

Herbert Alexander Kraack ist Sohn, Bruder, Enkel, Vater, Grossvater, Urgrossvater.

Meine Vorfahrinnen

Angeregt durch ein Gespräch mit einem weisen Herrn, welcher der Familie Luchsinger in Freundschaft verbunden ist, machte ich mich auf die Suche nach den Frauen in meiner Familiengeschichte. Es ist bekanntlich so, dass der Stammbaum allermeistens von den Männern erzählt und deren Nachkommen.
Die Luchsinger’schen Frauen sind ein starkes Geschlecht. Das habe ich erlebt und aus Erzählungen vernommen.
Und im Nachgang zum Schweizerischen Frauenstreiktag des 14. Juni ging ich in die Bücher.

Ab und an möchte ich es genauer wissen und habe mich schlau gemacht. Wie soll ich denn alle diese Frauen nennen, die mir den Weg geebnet haben, die vor mir in diese Welt kamen und auch schon wieder gegangen sind?
Stamm-Mutter?
Ahnin?
Altvordere?
Vorfahrin.

Mutter Lydia mit Erik (Lydia Marie Rogenhagen)
Foto: @Luchsinger Familienarchiv

Meine Vorfahrinnen mütterlicherseits seit ca. 1600
Magdalena Knobel
Elisabeth Fluri
Maria Magdalena Luchsinger
Regula Blumer
Ursula Blum
Anna Spälti
Anna Hösli
Barbara Fluri
Susanna Kundert
Anna Legler
Sibille Leuzinger
Anna Spälti
Elsbeth Blumer
Amalie Tschudi
Euphrosine Flit
Ursula Zofia Franzen
Ursula Margareta Nipkau
Amalie Christine Gradhand
Christine Helene Lantzky
Katharina Henriette von Husen
Katharina Gary
Lydia Marie Rogenhagen
Lydia Fahrenholtz
Elfriede Louise Hindreus
Louise Helene Bachmann
Sigrid Gabriele Luchsinger
Ursula Kraack

Vier meiner männlichen Vorfahren waren verwitwet und heirateten ein zweites Mal. Aber auch so kommt eine stattliche Anzahl von Namen zusammen, von Frauen, die eine Rolle gespielt haben in der Welt, in der Geschichte, in der Familiengeschichte und dank derer ich heute hier bin wo ich bin.

Wenn ich diese Namen der Vorfahrinnen lese, spüre ich die Veränderungen der Zeit und der Orte. Je weiter unten in der Liste, desto anders klingen die Vor- und Familiennamen.
Geht es Ihnen und euch nicht auch so?

Danke an meine Vorfahrinnen, dass ihr mir den Weg bereitet habt!

Ostervorbereitung

Ostern beginnt bei den Luchsingers mindestens bereits an Karfreitag.
Für die Vorbereitung braucht es mindestens ein Kochbuch, am besten aber eine Vielzahl von baltischen Kochbüchern, um die Rezepte vergleichen zu können.
Als Arbeitsunterlage dient der Küchentisch von Tante Klara und Tante Maka. Zu diesen Cousinen an anderer Stelle und bei Gelegenheit mehr.
Um die traditionelle Pas’cha zu zubereiten verwendet jede Hausfrau ihr eigenes Rezept, um eine gekochte oder ungekochte Pas’cha mit leicht variierten Zutaten entstehen zu lassen.
Das führte in den Blütezeiten der Familienostern auf dem Mont Vully dazu, dass eine grössere Anzahl von Pas’chen zur Auswahl stand, jede gekostet und anschliessend wohlwollend beurteilt wurde.

Baltische Kochbücher, älteren und neueren Datums

Foto: @Gabriela Dömötör

26. März 1876

An ein und demselben Tag wurden Lydia Marie Rogenhagen und Elfriede Louise Hindreus in Reval geboren: 7. April 1876 (julianischer Kalender – heute: 26. März 1876, gregorianischer Kalender).
Sie wurden beste Freundinnen.
Nach dem Tod von Lydie heiratete ihr Mann Harry die beste Freundin seiner ersten Frau. Elfi wurde die Mutter von Lydies drei Kindern.

Lydia Marie Luchsinger (geb. Rogenhagen)
* 26.3.1876 Reval – † 10.10.1919 St. Petersburg
Elfriede Louise Hindreus
* 26.3.1876 Reval - † 26.6.1963 Schwanden
Elfriede Louise Luchsinger (geb. Hindreus)
* 26.3.1876 Reval – † 26.6.1963 Schwanden

Alle Fotos: ©Luchsinger Familienarchiv